G.W.F. Hegel

 

Phänomenologie des Geistes

 

VII
Die Religion

In den bisherigen Gestaltungen, die sich im allgemeinen als Bewußtsein, Selbstbewußtsein, Vernunft und Geist unterscheiden, ist zwar auch die Religion, als Bewußtsein des absoluten Wesens überhaupt, vorgekommen; allein vom Standpunkte des Bewußtseins aus, das sich des absoluten Wesens bewußt ist; nicht aber ist das absolute Wesen an und für sich selbst, nicht das Selbstbewußtsein des Geistes in jenen Formen erschienen.

Schon das Bewußtsein wird, insofern es Verstand ist, Bewußtsein des Übersinnlichen oder Innern des gegenständlichen Daseins. Aber das Übersinnliche, Ewige, oder wie man es sonst nennen mag, ist selbstlos; es ist nur erst das Allgemeine, das noch weit entfernt ist, der sich als Geist wissende Geist zu sein. – Alsdenn war das Selbstbewußtsein, das in der Gestalt des unglücklichen Bewußtseins seine Vollendung hat, nur der sich zur Gegenständlichkeit wieder herausringende, aber sie nicht erreichende Schmerz des Geistes. Die Einheit des einzelnen Selbstbewußtseins und seines unwandelbaren Wesens, zu der jenes sich bringt, bleibt daher ein Jenseits desselben. – Das unmittelbare Dasein der Vernunft, die für uns aus jenem Schmerz hervorging, und ihre eigentümlichen Gestalten haben keine Religion, weil das Selbstbewußtsein derselben sich in der unmittelbaren Gegenwart weiß oder sucht.

Hingegen in der sittlichen Welt sahen wir eine Religion, und zwar die Religion der Unterwelt; sie ist der Glauben an die furchtbare unbekannte Nacht des Schicksals, und an die Eumenide des abgeschiednen Geistes; – jene die reine Negativität in der Form der Allgemeinheit, diese dieselbe in der Form der Einzelnheit. Das absolute Wesen ist in der letztern Form also zwar das Selbst, und gegenwärtiges, wie das Selbst nicht anders ist; allein das einzelne Selbst ist dieser einzelne Schatten, der die Allgemeinheit, welche das Schicksal ist, getrennt von sich hat. Er ist zwar Schatten, aufgehobner Dieser, und somit allgemeines Selbst; aber noch ist jene negative Bedeutung nicht in diese positive umgeschlagen, und daher bedeutet zugleich das aufgehobne Selbst noch unmittelbar diesen besondern und wesenlosen. – Das Schicksal aber ohne das Selbst bleibt die bewußtlose Nacht, die nicht zur Unterscheidung in ihr noch zur Klarheit des Sich-selbst-wissens kommt.

Dieser Glauben an das Nichts der Notwendigkeit und an die Unterwelt wird zum Glauben an den Himmel, weil das abgeschiedne Selbst mit seiner Allgemeinheit sich vereinen, in ihr das, was es enthält, auseinanderschlagen und so sich klar werden muß. Dieses Reich des Glaubens aber sahen wir nur im Elemente des Denkens seinen Inhalt ohne den Begriff entfalten, und es darum in seinem Schicksale, nämlich in der Religion der Aufklärung, untergehen. In dieser stellt sich das übersinnliche Jenseits des Verstandes wieder her, aber so, daß das Selbstbewußtsein diesseits befriedigt steht, und das übersinnliche, das leere nicht zu erkennende noch zu fürchtende jenseits weder als Selbst noch als Macht weiß.

In der Religion der Moralität ist endlich dies wiederhergestellt, daß das absolute Wesen ein positiver Inhalt ist, aber er ist mit der Negativität der Aufklärung vereinigt. Er ist ein Sein, das ebenso ins Selbst zurückgenommen und darin eingeschlossen bleibt, und ein unterschiedner Inhalt, dessen Teile ebenso unmittelbar negiert, als sie aufgestellt sind. Das Schicksal aber, worin diese widersprechende Bewegung versinkt, ist das seiner, als des Schicksals der Wesenheit und Wirklichkeit, bewußte Selbst.

Der sich selbst wissende Geist ist in der Religion unmittelbar sein eignes reines Selbstbewußtsein. Diejenigen Gestalten desselben, die betrachtet worden – der wahre, der sich entfremdete, und der seiner selbst gewisse Geist –, machen zusammen ihn in seinem Bewußtsein aus, das seiner Welt gegenübertretend in ihr sich nicht erkennt. Aber im Gewissen unterwirft er sich wie seine gegenständliche Welt überhaupt, so auch seine Vorstellung und seine bestimmten Begriffe, und ist nun bei sich seiendes Selbstbewußtsein. In diesem hat er für sich, als Gegenstand vorgestellt, die Bedeutung, der allgemeine Geist zu sein, der alles Wesen und alle Wirklichkeit in sich enthält; ist aber nicht in der Form freier Wirklichkeit oder der selbstständig erscheinenden Natur. Er hat zwar Gestalt oder die Form des Seins, indem er Gegenstand seines Bewußtseins ist, aber weil dieses in der Religion in der wesentlichen Bestimmung, Selbstbewußtsein zu sein, gesetzt ist, ist die Gestalt sich vollkommen durchsichtig; und die Wirklichkeit, die er enthält, ist in ihm eingeschlossen oder in ihm aufgehoben, gerade auf die Weise, wie wenn wir alle Wirklichkeit sprechen; sie ist die gedachte, allgemeine Wirklichkeit.

Indem also in der Religion die Bestimmung des eigentlichen Bewußtseins des Geistes nicht die Form des freien Andersseins hat, so ist sein Dasein von seinem Selbstbewußtsein unterschieden, und seine eigentliche Wirklichkeit fällt außer der Religion; es ist wohl ein Geist beider, aber sein Bewußtsein umfaßt nicht beide zumal, und die Religion erscheint als ein Teil des Daseins und Tuns und Treibens, dessen anderer Teil das Leben in seiner wirklichen Welt ist. Wie wir nun es wissen, daß der Geist in seiner Welt und der seiner als Geist bewußte Geist oder der Geist in der Religion dasselbe sind, so besteht die Vollendung der Religion darin, daß beides einander gleich werde, nicht nur daß seine Wirklichkeit von der Religion befaßt ist, sondern umgekehrt, daß er sich als seiner selbst bewußter Geist wirklich und Gegenstand seines Bewußtseins werde. – Insofern der Geist in der Religion sich ihm selbst vorstellt, ist er zwar Bewußtsein, und die in ihr eingeschloßne Wirklichkeit ist die Gestalt und das Kleid seiner Vorstellung. Der Wirklichkeit widerfährt aber in dieser Vorstellung nicht ihr vollkommnes Recht, nämlich nicht nur Kleid zu sein, sondern selbstständiges freies Dasein; und umgekehrt ist sie, weil ihr die Vollendung in ihr selbst mangelt, eine bestimmte Gestalt, die nicht dasjenige erreicht, was sie darstellen soll, nämlich den seiner selbst bewußten Geist. Daß seine Gestalt ihn selbst ausdrückte, müßte sie selbst nichts anderes sein als er, und er sich so erschienen oder wirklich sein, wie er in seinem Wesen ist. Dadurch allein würde auch das erreicht, was die Forderung des Gegenteils zu sein scheinen kann, nämlich daß der Gegenstand seines Bewußtseins die Form freier Wirklichkeit zugleich hat; aber nur der Geist, der sich als absoluter Geist Gegenstand ist, ist sich eine ebenso freie Wirklichkeit, als er darin seiner selbst bewußt bleibt.

Indem zunächst das Selbstbewußtsein und das eigentliche Bewußtsein, die Religion und der Geist in seiner Welt oder das Dasein des Geistes unterschieden wird, so besteht das letztere in dem Ganzen des Geistes, insofern seine Momente als auseinandertretend und jedes für sich sich darstellt. Die Momente aber sind das Bewußtsein, das Selbstbewußtsein, die Vernunft und der Geist; – der Geist nämlich als unmittelbarer Geist, der noch nicht das Bewußtsein des Geistes ist. Ihre zusammengefaßte Totalität macht den Geist in seinem weltlichen Dasein überhaupt aus; der Geist als solcher enthält die bisherigen Gestaltungen in den allgemeinen Bestimmungen, den soeben genannten Momenten. Die Religion setzt den ganzen Ablauf derselben voraus und ist die einfache Totalität oder das absolute Selbst derselben. – Der Verlauf derselben ist übrigens im Verhältnisse zur Religion nicht in der Zeit vorzustellen. Der ganze Geist nur ist in der Zeit, und die Gestalten, welche Gestalten des ganzen Geistes als solchen sind, stellen sich in einer Aufeinanderfolge dar; denn nur das Ganze hat eigentliche Wirklichkeit, und daher die Form der reinen Freiheit gegen anderes, die sich als Zeit ausdrückt. Aber die Momente desselben, Bewußtsein, Selbstbewußtsein, Vernunft und Geist haben, weil sie Momente sind, kein voneinander verschiednes Dasein. – Wie der Geist von seinen Momenten unterschieden wurde, so ist noch drittens von diesen Momenten selbst ihre vereinzelnte Bestimmung zu unterscheiden. Jedes jener Momente sahen wir nämlich wieder an ihm selbst sich in einem eignen Verlaufe unterscheiden und verschieden gestalten; wie z.B. am Bewußtsein die sinnliche Gewißheit, Wahrnehmung sich unterschied. Diese letztern Seiten treten in der Zeit auseinander und gehören einem besondern Ganzen an. – Denn der Geist steigt aus seiner Allgemeinheit durch die Bestimmung zur Einzelnheit herab. Die Bestimmung oder Mitte ist Bewußtsein, Selbstbewußtsein usf. Die Einzelnheit aber machen die Gestalten dieser Momente aus. Diese stellen daher den Geist in seiner Einzelnheit oder Wirklichkeit dar und unterscheiden sich in der Zeit, so jedoch, daß die folgende die vorhergehenden an ihr behält.

Wenn daher die Religion die Vollendung des Geistes ist, worin die einzelnen Momente desselben, Bewußtsein, Selbstbewußtsein, Vernunft und Geist, als in ihren Grund zurückgehen und zurückgegangen sind, so machen sie zusammen die daseiende Wirklichkeit des ganzen Geistes aus, welcher nur ist als die unterscheidende und in sich zurückgehende Bewegung dieser seiner Seiten. Das Werden der Religion überhaupt ist in der Bewegung der allgemeinen Momente enthalten. Indem aber jedes dieser Attribute, wie es nicht nur im allgemeinen sich bestimmt, sondern wie es an und für sich ist, d.h. wie es in sich selbst sich als Ganzes verlauft, dargestellt wurde, so ist damit auch nicht nur das Werden der Religion überhaupt entstanden, sondern jene vollständigen Verläufe der einzelnen Seiten enthalten zugleich die Bestimmtheiten der Religion selbst. Der ganze Geist, der Geist der Religion, ist wieder die Bewegung, aus seiner Unmittelbarkeit zum Wissen dessen zu gelangen, was er an sich oder unmittelbar ist, und es zu erreichen, daß die Gestalt, in welcher er für sein Bewußtsein erscheint, seinem Wesen vollkommen gleiche, und er sich anschaue, wie er ist. – In diesem Werden ist er also selbst in bestimmten Gestalten, welche die Unterschiede dieser Bewegung ausmachen; zugleich hat damit die bestimmte Religion ebenso einen bestimmten wirklichen Geist. Wenn also dem sich wissenden Geiste überhaupt Bewußtsein, Selbstbewußtsein, Vernunft und Geist angehören, so gehören den bestimmten Gestalten des sich wissenden Geistes die bestimmten Formen an, welche sich innerhalb des Bewußtseins, Selbstbewußtseins, der Vernunft und des Geistes an jedem besonders entwickelten. Die bestimmte Gestalt der Religion greift für ihren wirklichen Geist aus den Gestalten eines jeden seiner Momente diejenige heraus, welche ihr entspricht. Die eine Bestimmtheit der Religion greift durch alle Seiten ihres wirklichen Daseins hindurch und drückt ihnen dies gemeinschaftliche Gepräge auf.

Auf diese Weise ordnen sich nun die Gestalten, die bis hieher auftraten, anders, als sie in ihrer Reihe erschienen, worüber vorher noch das Nötige kurz zu bemerken ist. – In der betrachteten Reihe bildete sich jedes Moment, sich in sich vertiefend, zu einem Ganzen in seinem eigentümlichen Prinzip aus; und das Erkennen war die Tiefe, oder der Geist, worin sie, die für sich kein Bestehen haben, ihre Substanz hatten. Diese Substanz ist aber nunmehr herausgetreten; sie ist die Tiefe des seiner selbst gewissen Geistes, welche es dem einzelnen Prinzip nicht gestattet, sich zu isolieren und in sich selbst zum Ganzen zu machen, sondern diese Momente alle in sich versammelnd und zusammenhaltend, schreitet sie in diesem gesamten Reichtum ihres wirklichen Geistes fort, und alle seine besondern Momente nehmen und empfangen gemeinschaftlich die gleiche Bestimmtheit des Ganzen in sich. – Dieser seiner selbst gewisse Geist und seine Bewegung ist ihre wahrhafte Wirklichkeit und das An- und Für-sich-sein, das jedem einzelnen zukommt. – Wenn also die bisherige eine Reihe in ihrem Fortschreiten durch Knoten die Rückgänge in ihr bezeichnete, aber aus ihnen sich wieder in eine Länge fortsetzte, so ist sie nunmehr gleichsam an diesen Knoten, den allgemeinen Momenten, gebrochen und in viele Linien zerfallen, welche in einen Bund zusammengefaßt, sich zugleich symmetrisch vereinen, so daß die gleichen Unterschiede, in welche jede besondre innerhalb ihrer sich gestaltete, zusammentreffen. – Es erhellt übrigens aus der ganzen Darstellung von selbst, wie diese hier vorgestellte Beiordnung der allgemeinen Richtungen zu verstehen ist, daß es überflüssig wird, die Bemerkung zu machen, daß diese Unterschiede wesentlich nur als Momente des Werdens, nicht als Teile zu fassen sind; an dem wirklichen Geiste sind sie Attribute seiner Substanz; an der Religion aber vielmehr nur Prädikate des Subjekts. – Ebenso sind an sich oder für uns wohl alle Formen überhaupt im Geiste und in jedem enthalten; aber es kommt bei seiner Wirklichkeit überhaupt allein darauf an, welche Bestimmtheit für ihn in seinem Bewußtsein ist, in welcher er sein Selbst ausgedrückt oder in welcher Gestalt er sein Wesen weiß.

Der Unterschied, der zwischen dem wirklichen Geiste und ihm, der sich als Geist weiß, oder zwischen sich selbst als Bewußtsein und als Selbstbewußtsein gemacht wurde, ist in dem Geiste aufgehoben, der sich nach seiner Wahrheit weiß; sein Bewußtsein und sein Selbstbewußtsein sind ausgeglichen. Wie aber hier die Religion erst unmittelbar ist, ist dieser Unterschied noch nicht in den Geist zurückgegangen. Es ist nur der Begriff der Religion gesetzt; in diesem ist das Wesen das Selbstbewußtsein, das sich alle Wahrheit ist, und in dieser alle Wirklichkeit enthält. Dieses Selbstbewußtsein hat als Bewußtsein sich zum Gegenstande; der erst sich unmittelbar wissende Geist ist sich also Geist in der Form der Unmittelbarkeit, und die Bestimmtheit der Gestalt, worin er sich erscheint, ist die des Seins. Dies Sein ist zwar weder mit der Empfindung oder dem mannigfaltigen Stoffe, noch mit sonstigen einseitigen Momenten, Zwecken und Bestimmungen erfüllt, sondern mit dem Geiste, und wird von sich als alle Wahrheit und Wirklichkeit gewußt. Diese Erfüllung ist auf diese Weise ihrer Gestalt, er als Wesen seinem Bewußtsein nicht gleich. Er ist erst als absoluter Geist wirklich, indem er, wie er in der Gewißheit seiner selbst, sich auch in seiner Wahrheit ist, oder die Extreme, in die er sich als Bewußtsein teilt, in Geistsgestalt füreinander sind. Die Gestaltung, welche der Geist als Gegenstand seines Bewußtseins annimmt, bleibt von der Gewißheit des Geistes als von der Substanz erfüllt; durch diesen Inhalt verschwindet dies, daß der Gegenstand zur reinen Gegenständlichkeit, zur Form der Negativität des Selbstbewußtseins herabsänke. Die unmittelbare Einheit des Geistes mit sich selbst ist die Grundlage oder reines Bewußtsein, innerhalb dessen das Bewußtsein auseinandertritt. Auf diese Weise in sein reines Selbstbewußtsein eingeschlossen, existiert er in der Religion nicht als der Schöpfer einer Natur überhaupt; sondern was er in dieser Bewegung hervorbringt, sind seine Gestalten als Geister, die zusammen die Vollständigkeit seiner Erscheinung ausmachen, und diese Bewegung selbst ist das Werden seiner vollkommnen Wirklichkeit durch die einzelnen Seiten derselben, oder seine unvollkommnen Wirklichkeiten.

Die erste Wirklichkeit desselben ist der Begriff der Religion selbst, oder sie als unmittelbare und also natürliche Religion; in ihr weiß der Geist sich als seinen Gegenstand in natürlicher oder unmittelbarer Gestalt. Die zweite aber ist notwendig diese, sich in der Gestalt der aufgehobnen Natürlichkeit oder des Selbsts zu wissen. Sie ist also die künstliche Religion; denn zur Form des Selbsts erhebt sich die Gestalt durch das Hervorbringen des Bewußtseins, wodurch dieses in seinem Gegenstande sein Tun oder das Selbst anschaut. Die dritte endlich hebt die Einseitigkeit der beiden ersten auf; das Selbst ist ebensowohl ein unmittelbares, als die Unmittelbarkeit Selbst ist. Wenn in der ersten der Geist überhaupt in der Form des Bewußtseins, in der zweiten – des Selbstbewußtseins ist, so ist er in der dritten in der Form der Einheit beider; er hat die Gestalt des An- und Für-sich-seins; und indem er also vorgestellt ist, wie er an und für sich ist, so ist dies die offenbare Religion. Ob er aber in ihr wohl zu seiner wahren Gestalt gelangt, so ist eben die Gestalt selbst und die Vorstellung noch die unüberwundne Seite, von der er in den Begriff übergehen muß, um die Form der Gegenständlichkeit in ihm ganz aufzulösen, in ihm, der ebenso dies sein Gegenteil in sich schließt. Alsdann hat der Geist den Begriff seiner selbst erfaßt, wie wir nur erst ihn erfaßt haben, und seine Gestalt oder das Element seines Daseins, indem sie der Begriff ist, ist er selbst.
 

A
Natürliche Religion

Der den Geist wissende Geist ist Bewußtsein seiner selbst, und ist sich in der Form des Gegenständlichen, er ist; und ist zugleich das Für-sich-sein. Er ist für sich, er ist die Seite des Selbstbewußtseins, und zwar gegen die Seite seines Bewußtseins, oder des Sich-auf-sich-als-Gegenstand-beziehens. In seinem Bewußtsein ist die Entgegensetzung und hiedurch die Bestimmtheit der Gestalt, in welcher er sich erscheint und weiß. Um diese ist es in dieser Betrachtung der Religion allein zu tun, denn sein ungestaltetes Wesen oder sein reiner Begriff hat sich schon ergeben. Der Unterschied des Bewußtseins und Selbstbewußtseins fällt aber zugleich innerhalb des letztern; die Gestalt der Religion enthält nicht das Dasein des Geistes, wie er vom Gedanken freie Natur, noch wie er vom Dasein freier Gedanke ist; sondern sie ist das im Denken erhaltne Dasein, so wie ein Gedachtes, das sich da ist. – Nach der Bestimmtheit dieser Gestalt, in welcher der Geist sich weiß, unterscheidet sich eine Religion von einer andern; allein es ist zugleich zu bemerken, daß die Darstellung dieses seines Wissens von sich nach dieser einzelnen Bestimmtheit in der Tat nicht das Ganze einer wirklichen Religion erschöpft. Die Reihe der verschiednen Religionen, die sich ergeben werden, stellt ebensosehr wieder nur die verschiednen Seiten einer einzigen, und zwar jeder einzelnen dar, und die Vorstellungen, welche eine wirkliche Religion vor einer andern auszuzeichnen scheinen, kommen in jeder vor. Allein zugleich muß die Verschiedenheit auch als eine Verschiedenheit der Religion betrachtet werden. Denn indem der Geist sich im Unterschiede seines Bewußtseins und seines Selbstbewußtseins befindet, so hat die Bewegung das Ziel, diesen Hauptunterschied aufzuheben, und der Gestalt, die Gegenstand des Bewußtseins ist, die Form des Selbstbewußtseins zu geben. Dieser Unterschied ist aber nicht dadurch schon aufgehoben, daß die Gestalten, die jenes enthält, auch das Moment des Selbsts an ihnen haben, und der Gott als Selbstbewußtsein vorgestellt wird. Das vorgestellte Selbst ist nicht das wirkliche; daß es, wie jede andre nähere Bestimmung der Gestalt, dieser in Wahrheit angehöre, muß es teils durch das Tun des Selbstbewußtseins in sie gesetzt werden, teils muß die niedrige Bestimmung von der höhern aufgehoben und begriffen zu sein sich zeigen. Denn das Vorgestellte hört nur dadurch auf, vorgestelltes und seinem Wissen fremd zu sein, daß das Selbst es hervorgebracht hat, und also die Bestimmung des Gegenstandes als die seinige, somit sich in ihm anschaut. – Durch diese Tätigkeit ist die niedrigere Bestimmung zugleich verschwunden; denn das Tun ist das negative, das sich auf Kosten eines andern ausführt; insofern sie auch noch vorkommt, so ist sie in die Unwesentlichkeit zurückgetreten; so wie dagegen, wo die niedrigere noch herrschend ist, die höhere aber auch vorkommt, die eine selbstlos neben der andern Platz hat. Wenn daher die verschiednen Vorstellungen innerhalb einer einzelnen Religion zwar die ganze Bewegung ihrer Formen darstellen, so ist der Charakter einer jeden durch die besondre Einheit des Bewußtseins und des Selbstbewußtseins bestimmt, das ist, dadurch daß das letztere die Bestimmung des Gegenstands des erstern in sich gefaßt, sie durch sein Tun sich vollkommen angeeignet und sie als die wesentliche gegen die andern weiß. – Die Wahrheit des Glaubens an eine Bestimmung des religiösen Geistes zeigt sich darin, daß der wirkliche Geist so beschaffen ist wie die Gestalt, in der er sich in der Religion anschaut, – wie z.B. die Menschwerdung Gottes, die in der morgenländischen Religion vorkommt, keine Wahrheit hat, weil ihr wirklicher Geist ohne diese Versöhnung ist. – Hieher gehört es nicht, von der Totalität der Bestimmungen zu der einzelnen zurückzukehren und zu zeigen, in welcher Gestalt innerhalb ihrer und ihrer besondern Religion die Vollständigkeit der übrigen enthalten ist. Die höhere Form unter eine niedrigere zurückgestellt entbehrt ihrer Bedeutung für den selbstbewußten Geist, gehört ihm nur oberflächlich und seiner Vorstellung an. Sie ist in ihrer eigentümlichen Bedeutung und da zu betrachten, wo sie Prinzip dieser besondern Religion und durch ihren wirklichen Geist bewährt ist.
 

a
Das Lichtwesen

Der Geist, als das Wesen, welches Selbstbewußtsein ist – oder das selbstbewußte Wesen, welches alle Wahrheit ist und alle Wirklichkeit als sich selbst weiß –, ist gegen die Realität, die er in der Bewegung seines Bewußtseins sich gibt, nur erst sein Begriff, und dieser Begriff ist gegen den Tag dieser Entfaltung die Nacht seines Wesens, gegen das Dasein seiner Momente als selbstständiger Gestalten das schöpferische Geheimnis seiner Geburt. Dies Geheimnis hat in sich selbst seine Offenbarung; denn das Dasein hat in diesem Begriffe seine Notwendigkeit, weil er der sich wissende Geist ist, also in seinem Wesen das Moment hat, Bewußtsein zu sein und sich gegenständlich vorzustellen. – Es ist das reine Ich, das in seiner Entäußerung, in sich als allgemeinem Gegenstande die Gewißheit seiner selbst hat, oder dieser Gegenstand ist für es die Durchdringung alles Denkens und aller Wirklichkeit.

In der unmittelbaren ersten Entzweiung des sich wissenden absoluten Geistes hat seine Gestalt diejenige Bestimmung, welche dem unmittelbaren Bewußtsein oder der sinnlichen Gewißheit zukommt. Er schaut sich in der Form des Seins an, jedoch nicht des geistlosen mit zufälligen Bestimmungen der Empfindung erfüllten Seins, das der sinnlichen Gewißheit angehört, sondern es ist das mit dem Geiste erfüllte Sein. Es schließt ebenso die Form in sich, welche an dem unmittelbaren Selbstbewußtsein vorkam, die Form des Herrn gegen das von seinem Gegenstande zurücktretende Selbstbewußtsein des Geistes. – Dies mit dem Begriffe des Geistes erfüllte Sein ist also die Gestalt der einfachen Beziehung des Geistes auf sich selbst, oder die Gestalt der Gestaltlosigkeit. Sie ist vermöge dieser Bestimmung das reine, alles enthaltende und erfüllende Lichtwesen des Aufgangs, das sich in seiner formlosen Substantialität erhält. Sein Anderssein ist das ebenso einfache Negative, die Finsternis; die Bewegungen seiner eignen Entäußerung, seine Schöpfungen in dem widerstandslosen Elemente seines Andersseins sind Lichtgüsse, sie sind in ihrer Einfachheit zugleich sein Für-sich-werden und Rückkehr aus seinem Dasein, die Gestaltung verzehrende Feuerströme. Der Unterschied, den es sich gibt, wuchert zwar in der Substanz des Daseins fort und gestaltet sich zu den Formen der Natur; aber die wesentliche Einfachheit seines Denkens schweift bestandlos und unverständig in ihnen umher, erweitert ihre Grenzen zum Maßlosen, und löst ihre zur Pracht gesteigerte Schönheit in ihrer Erhabenheit auf.

Der Inhalt, den dies reine Sein entwickelt, oder sein Wahrnehmen ist daher ein wesenloses Beiherspielen an dieser Substanz, die nur aufgeht, ohne in sich niederzugehen, Subjekt zu werden und durch das Selbst ihre Unterschiede zu befestigen. Ihre Bestimmungen sind nur Attribute, die nicht zur Selbstständigkeit gedeihen, sondern nur Namen des vielnamigen Einen bleiben. Dieses ist mit den mannigfachen Kräften des Daseins und den Gestalten der Wirklichkeit als mit einem selbstlosen Schmucke angekleidet; sie sind nur eignen Willens entbehrende Boten seiner Macht, Anschauungen seiner Herrlichkeit und Stimmen seines Preises.

Dies taumelnde Leben aber muß sich zum Für-sich-sein bestimmen und seinen verschwindenden Gestalten Bestehen geben. Das unmittelbare Sein, in welchem es sich seinem Bewußtsein gegenüberstellt, ist selbst die negative Macht, die seine Unterschiede auflöst. Es ist also in Wahrheit das Selbst; und der Geist geht darum dazu über, sich in der Form des Selbsts zu wissen. Das reine Licht wirft seine Einfachheit als eine Unendlichkeit von Formen auseinander und gibt sich dem Für-sich-sein zum Opfer dar, daß das Einzelne das Bestehen an seiner Substanz sich nehme.
 

b
Die Pflanze und das Tier

Der selbstbewußte Geist, der aus dem gestaltlosen Wesen in sich gegangen oder seine Unmittelbarkeit zum Selbst überhaupt erhoben, bestimmt seine Einfachheit als eine Mannigfaltigkeit des Für-sich-seins, und ist die Religion der geistigen Wahrnehmung, worin er in die zahllose Vielheit schwächerer und kräftigerer, reicherer und ärmerer Geister zerfällt. Dieser Pantheismus, zunächst das ruhige Bestehen dieser Geisteratomen, wird zur feindseligen Bewegung in sich selbst. Die Unschuld der Blumenreligion, die nur selbstlose Vorstellung des Selbsts ist, geht in den Ernst des kämpfenden Lebens, in die Schuld der Tierreligion, die Ruhe und Ohnmacht der anschauenden Individualität in das zerstörende Für-sich-sein über. – Es hilft nichts, den Dingen der Wahrnehmung den Tod der Abstraktion genommen und sie zu Wesen geistiger Wahrnehmung erhoben zu haben; die Beseelung dieses Geisterreichs hat ihn durch die Bestimmtheit und die Negativität an ihr, die über die unschuldige Gleichgültigkeit derselben übergreift. Durch sie wird die Zerstreuung in die Mannigfaltigkeit der ruhigen Pflanzengestalten eine feindselige Bewegung, worin sie der Haß ihres Für-sich-seins aufreibt. – Das wirkliche Selbstbewußtsein dieses zerstreuten Geistes ist eine Menge vereinzelnter ungeselliger Völkergeister, die in ihrem Hasse sich auf den Tod bekämpfen und bestimmter Tiergestalten als ihres Wesens sich bewußt werden, denn sie sind nichts anderes als Tiergeister, sich absondernde ihrer ohne Allgemeinheit bewußte Tierleben.

In diesem Hasse reibt sich aber die Bestimmtheit des rein negativen Für-sich-seins auf, und durch diese Bewegung des Begriffs tritt der Geist in eine andere Gestalt. Das aufgehobne Für-sich-sein ist die Form des Gegenstandes, die durch das Selbst hervorgebracht oder die vielmehr das hervorgebrachte, sich aufreibende, d.h. zum Dinge werdende Selbst ist. Über die nur zerreißenden Tiergeister behält daher der Arbeitende die Oberhand, dessen Tun nicht nur negativ, sondern beruhigt und positiv ist. Das Bewußtsein des Geistes ist also nunmehr die Bewegung, die über das unmittelbare An-sich-sein wie über das abstrakte Für-sich-sein hinaus ist. Indem das An-sich zu einer Bestimmtheit durch den Gegensatz herabgesetzt ist, ist es nicht mehr die eigne Form des absoluten Geistes, sondern eine Wirklichkeit, die sein Bewußtsein sich entgegengesetzt als das gemeine Dasein vorfindet, sie aufhebt, und ebenso nicht nur dies aufhebende Für-sich-sein ist, sondern auch seine Vorstellung, das zur Form eines Gegenstandes herausgesetzte Für-sich-sein hervorbringt. Dies Hervorbringen ist jedoch noch nicht das vollkommne, sondern eine bedingte Tätigkeit und das Formieren eines Vorhandnen.
 

c
Der Werkmeister

Der Geist erscheint also hier als der Werkmeister, und sein Tun, wodurch er sich selbst als Gegenstand hervorbringt, aber den Gedanken seiner noch nicht erfaßt hat, ist ein instinktartiges Arbeiten, wie die Bienen ihre Zellen bauen.

Die erste Form, weil sie die unmittelbare ist, ist sie die abstrakte des Verstandes, und das Werk noch nicht an ihm selbst vom Geiste erfüllt. Die Kristalle der Pyramiden und Obelisken, einfache Verbindungen gerader Linien, mit ebnen Oberflächen und gleichen Verhältnissen der Teile, an denen die Inkommensurabilität des Runden vertilgt ist, sind die Arbeiten dieses Werkmeisters der strengen Form. Um der bloßen Verständigkeit der Form willen ist sie nicht ihre Bedeutung an ihr selbst, nicht das geistige Selbst. Die Werke empfangen also nur den Geist entweder in sich, als einen fremden abgeschiednen Geist, der seine lebendige Durchdringung mit der Wirklichkeit verlassen, selbst tot in diese des Lebens entbehrende Kristalle einkehrt; – oder sie beziehen sich äußerlich auf ihn als auf einen solchen, der selbst äußerlich und nicht als Geist da ist – als auf das aufgehende Licht, das seine Bedeutung auf sie wirft.

Die Trennung, von welcher der arbeitende Geist ausgeht, des An-sich-seins, das zum Stoffe wird, den er verarbeitet, und des Für-sich-seins, welche die Seite des arbeitenden Selbstbewußtseins ist, ist ihm in seinem Werke gegenständlich geworden. Seine fernere Bemühung muß dahin gehen, diese Trennung der Seele und des Leibs aufzuheben, jene an ihr selbst zu bekleiden und zu gestalten, diesen aber zu beseelen. Beide Seiten, indem sie einander näher gebracht werden, behalten dabei die Bestimmtheit des vorgestellten Geistes und seiner umgebenden Hülle gegeneinander; seine Einigkeit mit sich selbst enthält diesen Gegensatz der Einzelnheit und Allgemeinheit. Indem das Werk in seinen Seiten sich selbst nähert, so geschieht dadurch zugleich auch das andre, daß es dem arbeitenden Selbstbewußtsein nähertritt, und dieses zum Wissen seiner, wie es an und für sich ist, in dem Werke gelangt. So aber macht es nur erst die abstrakte Seite der Tätigkeit des Geistes aus, welche nicht in sich selbst noch ihren Inhalt, sondern an seinem Werke, das ein Ding ist, weiß. Der Werkmeister selbst, der ganze Geist, ist noch nicht erschienen, sondern ist das noch innre verborgne Wesen, welches als Ganzes, nur zerlegt in das tätige Selbstbewußtsein und in seinen hervorgebrachten Gegenstand, vorhanden ist.

Die umgebende Behausung also, die äußere Wirklichkeit, die nur erst in die abstrakte Form des Verstandes erhoben ist, arbeitet der Werkmeister zur beseeltern Form aus. Er verwendet das Pflanzenleben dazu, das nicht mehr wie dem frühern unmächtigen Pantheismus heilig ist, sondern von ihm, der sich als das fürsichseiende Wesen erfaßt, als etwas Brauchbares genommen und zur Außenseite und Zierde zurückgesetzt wird. Es wird aber nicht unverändert verwendet, sondern der Arbeiter der selbstbewußten Form vertilgt zugleich die Vergänglichkeit, welche die unmittelbare Existenz dieses Lebens an ihm hat, und nähert seine organischen Formen den strengern und allgemeinern des Gedankens. Die organische Form, die freigelassen in der Besonderheit fortwuchert, ihrerseits von der Form des Gedankens unterjocht, erhebt andererseits diese geradlinigten und ebnen Gestalten zur beseeltern Rundung, – eine Vermischung, welche die Wurzel der freien Architektur wird.

Diese Wohnung, die Seite des allgemeinen Elements oder der unorganischen Natur des Geistes schließt nun auch eine Gestalt der Einzelnheit in sich, die den vorher von dem Dasein abgeschiednen ihm innern oder äußerlichen Geist der Wirklichkeit näherbringt, und dadurch das Werk dem tätigen Selbstbewußtsein gleicher macht. Der Arbeiter greift zuerst zur Form des Für-sich-seins überhaupt, zur Tiergestalt. Daß er sich seiner nicht mehr unmittelbar im Tierleben bewußt ist, beweist er dadurch, daß er gegen dieses sich als die hervorbringende Kraft konstituiert und in ihm als seinem Werke sich weiß; wodurch sie zugleich eine aufgehobne und die Hieroglyphe einer andern Bedeutung, eines Gedankens wird. Daher wird sie auch nicht mehr allein und ganz vom Arbeiter gebraucht, sondern mit der Gestalt des Gedankens, mit der menschlichen, vermischt. Noch fehlt dem Werke aber die Gestalt und Dasein, worin das Selbst als Selbst existiert; – es fehlt ihm noch dies, an ihm selbst es auszusprechen, daß es eine innre Bedeutung in sich schließt, es fehlt ihm die Sprache, das Element, worin der erfüllende Sinn selbst vorhanden ist. Das Werk daher, wenn es sich von dem Tierischen auch ganz gereinigt, und die Gestalt des Selbstbewußtseins allein an ihm trägt, ist die noch tonlose Gestalt, die des Strahls der aufgehenden Sonne bedarf, um Ton zu haben, der vom Lichte erzeugt, auch nur Klang und nicht Sprache ist, nur ein äußeres Selbst, nicht das innre zeigt.

Diesem äußern Selbst der Gestalt steht die andere gegenüber, welche anzeigt, ein Innres an ihr zu haben. Die in ihr Wesen zurückgehende Natur setzt ihre lebendige sich vereinzelnde und in ihrer Bewegung sich verwirrende Mannigfaltigkeit zu einem unwesentlichen Gehäuse herab, das die Decke des Innern ist; und dieses Innre ist zunächst noch die einfache Finsternis, das Unbewegte, der schwarze formlose Stein.

Beide Darstellungen enthalten die Innerlichkeit und das Dasein, – die beiden Momente des Geistes; und beide Darstellungen beide zugleich in entgegengesetztem Verhältnisse, das Selbst sowohl als Innres wie als Äußeres. Beides ist zu vereinigen. – Die Seele der menschlich geformten Bildsäule kommt noch nicht aus dem Innern, ist noch nicht die Sprache, das Dasein, das an ihm selbst innerlich ist, – und das Innre des vielformigen Daseins ist noch das Tonlose, sich nicht in sich selbst Unterscheidende, und von seinem Äußern, dem alle Unterschiede gehören, noch Getrennte. – Der Werkmeister vereint daher beides in der Vermischung der natürlichen und der selbstbewußten Gestalt, und diese zweideutigen sich selbst rätselhaften Wesen, das Bewußte ringend mit dem Bewußtlosen, das einfache Innre mit dem vielgestalteten Äußern, die Dunkelheit des Gedankens mit der Klarheit der Äußerung paarend, brechen in die Sprache tiefer schwerverständlicher Weisheit aus.

In diesem Werke hört die instinktartige Arbeit auf, die dem Selbstbewußtsein gegenüber das bewußtlose Werk erzeugte; denn in ihm kommt der Tätigkeit des Werkmeisters, welche das Selbstbewußtsein ausmacht, ein ebenso selbstbewußtes, sich aussprechendes Innres entgegen. Er hat sich darin zu der Entzweiung seines Bewußtseins emporgearbeitet, worin der Geist dem Geiste begegnet. In dieser Einheit des selbstbewußten Geistes mit sich selbst, insofern er sich Gestalt und Gegenstand seines Bewußtseins ist, reinigen sich also seine Vermischungen mit der bewußtlosen Weise der unmittelbaren Naturgestalt. Diese Ungeheuer an Gestalt, Rede und Tat lösen sich zur geistigen Gestaltung auf, – einem Äußern, das in sich gegangen, – einem Innern, das sich aus sich und an sich selbst äußert; zum Gedanken, der sich gebärendes und seine Gestalt ihm gemäß erhaltendes und klares Dasein ist. Der Geist ist Künstler.

 


Zuletzt aktualisiert am 31.10.2004