Herr Präsident,
meine Herren Delegierten,
die Vertretung Cubas in dieser Versammlung kommt gern der Pflicht
nach, zuerst die Aufnahme dreier Nationen zu begrüßen,
die hier nun mit den anderen Nationen wichtige Probleme der Welt
diskutieren. Wir begrüßen in den Personen ihrer Präsidenten
und Ministerpräsidenten die Völker Zambias, Malawis und
Maltas und wünschen diesen Völkern Erfolg, die seit Gründung
der Gruppe der Nichtpaktgebundenen Staaten angehören, die gegen
den Imperialismus, den Kolonialismus und den Neokolonialismus kämpfen.
Wir grüßen auch den Vorsitzenden dieser
Versammlung, dessen Ernennung zu diesem hohen Amt von besonderer
Bedeutung ist, da sie eine Widerspiegelung dieser neuen Etappe mit
großen Erfolgen für die afrikanischen Völker ist,
die sich bisher unter dem Joch des Kolonialsystems des Imperialismus
befanden und sich heute in überwältigender Mehrheit gemäß
ihrem legitimen Recht auf Selbstbestimmung als souveräne Staaten
konstituieren. Die letzte Stunde des Kolonialismus hat geschlagen,
und Millionen von Einwohnern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas
haben sich erhoben, um ein neues Leben zu suchen; sie haben ihr
Recht auf Selbstbestimmung und auf unabhängige Entwicklung
ihrer Länder durchgesetzt. Wir wünschen Ihnen, Herr Präsident,
die größten Erfolge bei der Aufgabe, die Ihnen von den
Mitgliedsländern anvertraut wurde.
Cuba ist gekommen, um seine Position zu den wichtigsten
kontroversen Punkten darzustellen, und Cuba wird dies mit dem Verantwortungsbewußtsein
tun, das diese Tribüne erheischt, aber es wird dabei auch geleitet
von dem unwiderstehlichen Wunsch, mit aller Deutlichkeit und Ehrlichkeit
zu sprechen.
Wir wünschen, daß diese Versammlung
sich beeilen und voranschreiten möge, daß die Kommissionen
mit ihrer Arbeit beginnen mögen und daß diese nicht bei
der ersten Konfrontation stagnieren möge. Statt die ernsten
Probleme der Welt zu lösen, will der Imperialismus diese Versammlung
zu einem unnützen Redeturnier machen, und wir müssen dies
verhindern. Dieser Versammlung sollte in der Zukunft nicht nur als
jener mit der kennzeichnenden Nummer 24 gedacht werden. Unsere Anstrengungen
sind auf dieses Ziel gerichtet.
Wir fühlen uns dazu berechtigt und verpflichtet,
weil unser Land einer der ständigen Konfliktherde ist, einer
der Orte, an denen die Prinzipien des Rechts auch kleiner Länder
auf Souveränität Tag für Tag und Minute für
Minute einer schweren Belastungsprobe ausgesetzt sind, unser Land
ist einer der Schützengräben für die Freiheit, nur
wenige Schritte vom nordamerikanischen Imperialismus entfernt, und
wir zeigen mit unserem Handeln und mit unserem täglichen Beispiel,
daß sich die Völker unter den gegenwärtigen Bedingungen
der Menschheit sehr wohl befreien und daß sie die Freiheit
auch erhalten können. Selbstverständlich, denn es existiert
ein jeden Tag stärker werdendes und mit Verteidigungswaffen
besser ausgerüstetes sozialistisches Lager. Aber für unser
Überleben sind bestimmte weitere Voraussetzungen notwendig:
Die Einheit im Lande muß erhalten bleiben, es muß an
die eigene Zukunft geglaubt werden, und es muß die unwiderrufliche
Bereitschaft zur Verteidigung des Landes und der Revolution bestehen.
Alle diese Bedingungen sind in Cuba erfüllt, meine Herren Delegierten.
Von allen brennenden Problemen, die hier auf
der Versammlung behandelt werden müssen, ist eines für
uns von besonderer Bedeutung; seine Erörterung hier muß
in einer Weiße erfolgen, die für jeden von zweifelsfreier
Eindeutigkeit sein muß, und dies betrifft die friedliche Koexistenz
zwischen Staaten mit unterschiedlichen ökonomisch-sozialen
Gesellschaftsordnungen. In diesem Bereich sind wir in der Welt ein
gutes Stück vorangekommen, aber der Imperialismus insbesondere
der nordamerikanische hat versucht, die Meinung zu verbreiten,
daß die friedliche Koexistenz ausschließlich eine Frage
der großen Mächte sei. Wir erklären hier das gleiche,
was unser Präsident bereits in Kairo erklärt hat und was
danach in die Erklärung der Zweiten Konferenz der Nichtpaktgebundenen
Staaten aufgenommen wurde: Es kann keine friedliche Koexistenz geben
ausschließlich zwischen den Mächtigen, wenn der Frieden
auf der Welt gesichert werden soll. Die friedliche Koexistenz muß
zwischen allen Staaten gelten, unabhängig von ihrer Größe,
den historischen Beziehungen zwischen ihnen und den Problemen, die
es zu einem bestimmten Zeitpunkt zwischen einigen von ihnen geben
mag.
Heute wird die Art der friedlichen Koexistenz,
die wir anstreben, in einer Fülle von Fällen nicht praktiziert.
Das Königreich Kambodscha sah sich schlicht und einfach wegen
seiner neutralen Haltung und wegen der Nichtunterwerfung unter die
Machenschaften des nordamerikanischen Imperialismus allen möglichen
hinterlistigen und brutalen Angriffen ausgesetzt, die von den Stützpunkten
ausgingen, über die die Yankees in Südvietnam verfügen.
Laos, ein geteiltes Land, war ebenfalls Ziel von imperialistischen
Aggressionen aller Art; seine Bevölkerung wurde durch Luftangriffe
massakriert, die in Genf unterzeichneten Vereinbarungen wurden gebrochen,
und ein Teil des Territoriums ist ständig bedroht, hinterhältig
von den imperialistischen Streitkräften angegriffen zu werden.
Die Demokratische Republik Vietnam, die alle diese Spielarten der
Aggression wie kaum ein anderes Volk der Erde kennt, sah ihre Grenzen
mehr als einmal mißachtet, sah, wie feindliche Bomber und
Jagdflugzeuge ihre Einrichtungen angriffen, sah ihre Hoheitsgewässer
durch nordamerikanische Kriegsschiffe mißachtet, die ihre
Marinestützpunkte angriffen. In diesen Tag schwebt über
der Demokratischen Republik Vietnam die Drohung der angriffslüsternen
nordamerikanischen Krieger, daß der seit einigen Jahren gegen
das südvietnamesische Volk entfesselte Krieg auf ihr Territorium
und ihr Volk ausgedehnt wird. Die Sowjetunion und die Volksrepublik
China haben die Vereinigten Staaten ernsthaft davor gewarnt. Wir
stehen vor einem Fall, der eine Gefahr für den Weltfrieden
darstellt, aber darüber hinaus sind Millionen von Menschenleben
in dieser Region Asiens gefährdet; ihr Leben hängt von
den Launen des nordamerikanischen Eindringlings ab.
Die friedliche Koexistenz wurde in Zypern in
brutaler Weise einer Bewährungsprobe ausgesetzt durch den Druck
der türkischen Regierung und der NATO, wodurch sich das Volk
und die Regierung Zyperns zu einer heroischen und energischen Verteidigung
gezwungen sahen.
In all diesen Gegenden versucht der Imperialismus,
seine Version dessen durchzusetzen, was friedliche Koexistenz zu
sein habe; es sind die unterdrückten Völker, die im Bündnis
mit den sozialistischen Staaten zu zeigen haben, was friedliche
Koexistenz ist, und es ist eine Verpflichtung für die Vereinten
Nationen, sie dabei zu unterstützen.
Es muß auch deutlich gesagt werden, daß
die Konzeption der friedlichen Koexistenz nicht nur für souveräne
Staaten Gültigkeit hat. Als Marxisten vertreten wir die Meinung,
daß die friedliche Koexistenz zwischen Staaten nicht die Koexistenz
zwischen Ausgebeuteten und Ausbeutern, zwischen Unterdrückern
und Unterdrückten umfaßt. Es gibt ein auch durch diese
Organisation erklärtes Recht auf völlige Unabhängigkeit
gegenüber allen Formen kolonialer Unterdrückung. Daher
bekräftigen wir unsere Solidarität mit den heute noch
kolonialisierten Völkern des portugiesisch genannten Guineas,
Angolas und Mosambiks, die massakriert werden, weil sie ihre Freiheit
verlangen. Wir sind bereit, sie gemäß der Kairoer Erklärung
im Rahmen unserer Möglichkeiten zu unterstützen.
Wir erklären unsere Solidarität mit
dem Volk von Puerto Rico und seiner großen führenden
Persönlichkeit Pedro Albizu Campos, der in einem Akt von Heuchelei
im Alter von 72 Jahren entlassen wurde, kaum noch des Redens fähig
und gelähmt, nachdem er fast sein ganzes Leben im Gefängnis
verbracht hat. Albizu ist ein Symbol des noch nicht befreiten, aber
unbeugsamen Amerikas. Jahre und Jahre der Haft, fast unerträglicher
Druck im Kerker, psychische Folter, die Einsamkeit, die totale Isolation
von seinem Volk und seiner Familie, die Anmaßung des Konquistadors
und seiner Lakaien in dem Land, in dem er geboren wurde nichts
konnte seinen Willen beugen. Die kubanische Delegation entbietet
einem Patrioten, der Amerika zur Ehre gereicht, im Namen ihres Volkes
Grüße der Bewunderung und der Dankbarkeit.
Die Nordamerikaner haben über Jahre hinaus
versucht, in Puerto Rico eine bastardisierte Kultur durchzusetzen,
eine spanische Sprache mit englischen Beugungen, eine spanische
Sprache mit einem Scharnier in den Lenden zur Verbeugung vor dem
Yankeesoldaten. Puertorikanische Soldaten wurden als Kanonenfutter
in den Kriegen des Imperiums verheizt, so in Korea, und jetzt schießen
sie sogar auf die eigenen Brüder, so wie vor wenigen Monaten
beim Massaker der nordamerikanischen Armee gegen das unbewaffnete
Volk Panamas eine der jüngsten Untaten des Yankeeimperialismus.
Trotz der enormen Vergewaltigung seines Willens
und seines historischen Schicksals hat das Volk Puerto Ricos seine
Kultur, seinen Latinocharakter und seine nationalen Gefühle
bewahrt, und dies zeigt bereits das entschlossene Streben nach Unabhängigkeit
des Volkes dieser lateinamerikanischen Insel.
Wir müssen auch darauf hinweisen, daß
das Prinzip der friedlichen Koexistenz nicht das Recht auf Mißachtung
des Willens der Völker mit einschließt, so wie es der
Fall ist im Britisch genannten Guayana, wo die Regierung des Premierministers
Cheddi Jagan Opfer aller möglichen Arten von politischem Druck
und Manövern war und wo der Zeitpunkt der Unabhängigkeit
immer weiter hinausgeschoben wurde, um nach Methoden zu suchen,
um den Willen des Volkes zu mißachten und die Unterwürfigkeit
einer Regierung zu erreichen, die nach schmutzigen Manövern
eingesetzt werden sollte und die eine andere wäre als die heutige.
Erst dann sollte diesem Teil des amerikanischen Bodens eine kastrierte
Freiheit gewährt werden.
Welches auch die Wege sein mögen, die Guayana
einzuschlagen sich gezwungen sieht, um die Unabhängigkeit zu
erreichen, sein Volk hat die moralische und militante Unterstützung
Cubas.
Wir müssen auch darauf hinweisen, daß
die Inseln Guadalupe und Martinique seit geraumer Zeit erfolglos
für ihre Unabhängigkeit kämpfen, und dieser Zustand
darf nicht andauern.
Wieder einmal erheben wir unsere Stimme, um die
Welt auf die Ereignisse in Südafrika aufmerksam zu machen;
die brutale Politik der Apartheid wird vor den Augen der Länder
der Welt praktiziert. Die Völker Afrikas sehen sich gezwungen
zu ertragen, daß auf diesem Kontinent immer noch die Überlegenheit
einer Rasse über eine andere offizielle Politik ist und daß
im Namen der rassischen Überlegenheit ungestraft gemordet wird.
Werden die Vereinten Nationen nichts unternehmen, um dies zu unterbinden?
Ich möchte ganz besonders eingehen auf die
schmerzlichen Ereignisse im Kongo, einzigartig in der Geschichte
der modernen Welt; sie zeigen, wie das Recht der Völker mit
absoluter Straflosigkeit und mit dem unverschämtesten Zynismus
mißachtet werden kann. Die unmittelbaren Motive für dieses
Vorgehen sind die gewaltigen Reichtümer des Kongos, die die
Imperialisten weiterhin kontrollieren wollen. Bei seiner Ansprache
aus Anlaß seines ersten Besuches bei den Vereinten Nationen
führte Companero Fidel Castro aus, daß das gesamte Problem
der friedlichen Koexistenz zwischen den Nationen sich reduziert
auf das Problem der unrechtmäßigen Aneignung fremden
Reichtums, und fuhr dann fort: "Endet die Philosophie des Ausplünderns,
dann endet die Philosophie des Krieges." Aber die Philosophie der
Ausplünderung wurde nicht nur nicht beendet, sondern sie ist
stärker denn je, und deshalb ermorden jene, die im Namen der
Vereinten Nationen Lumumba getötet haben, heute im Namen der
weißen Rasse Tausende von Kongolesen.
Wie ist es möglich, daß wir vergessen,
in welcher Weise die Hoffnungen Patrice Lumumbas verraten wurden,
die er in die Vereinten Nationen setzte? Wie ist es möglich,
jene Tricks und Manöver zu vergessen, die der Besetzung dieses
Landes durch UNO-Truppen vorausgingen, unter deren Augen die Mörder
dieses großen afrikanischen Patrioten ungestraft wirken konnten?
Wie können wir vergessen, meine Herren Delegierten,
daß derjenige, der die Autorität der Vereinten Nationen
mißachtete und dies nicht aus patriotischen Motiven,
sondern wegen der Auseinandersetzungen unter den Imperialisten
, Moise Tshombe war, der die Abspaltung Katangas mit belgischer
Unterstützung vollbrachte?
Und wie soll es gerechtfertigt werden, wie soll
erklärt werden, daß am Ende dieser Aktion der Vereinten
Nationen und nach der Entfernung Tshombes aus Katanga, dieser als
Besitzer und Herr des Kongos zurückkehrte? Wer kann die traurige
Rolle bestreiten, die die Vereinten Nationen unter dem Zwang der
Imperialisten spielen mußten?
Zusammengefaßt: Es wurden umfangreiche
Mobilisierungen durchgeführt, um die Abspaltung Katangas zu
verhindern, und heute ist Tshombe' an der Macht, und die Reichtümer
des Kongos befinden sich in den Händen der Imperialisten ...,
und die Kosten müssen die ehrenwerten Nationen zahlen. Was
für ein gutes Geschäft für die Händler in Kriegsangelegenheiten.
Deshalb unterstützt die kubanische Regierung die gerechte Haltung
der Sowjetunion, die sich weigert, die Kosten für das Verbrechen
zu übernehmen.
Als Gipfel der Verhöhnung wurden wir nun
jüngst mit den Aktionen bedacht, die Abscheu in der ganzen
Welt hervorriefen.
Wer sind die Drahtzieher? Belgische Fallschirmspringer,
von nordamerikanischen Flugzeugen transportiert, die auf englischen
Luftstützpunkten gestartet sind. Wir erinnern uns, daß
wir in der Vergangenheit ein kleines Land in Europa kannten, arbeitsam
und zivilisiert, nämlich das Königreich Belgien, das von
den Hitler Horden überrannt wurde, und es war schmerzlich zu
wissen, daß dieses kleine Land vom deutschen Imperialismus
massakriert wurde, und wir betrachteten es mit großer Zuneigung.
Aber das ist die andere Seite der imperialistischen Münze,
die viele von uns nicht wahrnahmen.
Möglicherweise sind Kinder der belgischen
Patrioten, die im Kampf zur Verteidigung der Freiheit ihres Landes
fielen diejenigen, die hinterhältig im Namen der weißen
Rasse Tausende von Kongolesen ermordeten, genauso, wie sie die deutschen
Stiefel erleiden mußten, weil ihr Anteil an arischem Blut
nicht genügend hoch war.
Unsere freien Augen erblicken heute neue Horizonte
und sind fähig zu sehen, was wir gestern in unserer Eigenschaft
als koloniale Sklaven nicht sehen konnten, nämlich daß
die "westliche Zivilisation" hinter ihrer ansehnlichen Fassade Hyänen
und Schakale verbirgt. Denn keine andere Bezeichnung verdienen jene,
die derart "humanitäre" Aufgaben im Kongo erfüllt haben.
Ein reißendes Tier, das sich an wehrlosen Völkern mästet,
das ist der Imperialismus, so geht er mit den Menschen um, und das
zeichnet den imperialen "Weißen" aus.
Alle freien Menschen der Welt müssen dazu
beitragen, das Verbrechen im Kongo zu rächen.
Vielleicht handelten viele jener Soldaten, von
der imperialistischen Maschinerie zu "Untermenschen" gedemütigt,
im guten Glauben, daß sie die Rechte einer überlegenen
Rasse verteidigten, aber hier auf dieser Versammlung befinden sich
die Völker in der Mehrheit, deren Haut von unterschiedlichen
Sonnen gegerbt und unterschiedlichen Pigmenten gefärbt ist
und die vollständig davon überzeugt sind, daß die
Unterschiede zwischen den Menschen nicht durch die Hautfarbe bestimmt
sind, sondern durch die Eigentumsformen der Produktionsmittel, durch
die Produktionsverhältnisse.
Die kubanische Delegation entbietet ihren Gruß
den von einer weißen Minderheit unterdrückten Völkern
Südrhodesiens und Südafrikas sowie an Basutoland, Botswana
und Swaziland, an Französisch-Somalia, an Aden und die Protektorate,
dem arabischen Volk Palästinas und Oman und versichert sie
ihrer Unterstützung. Außerdem wünschen wir viel
Erfolg für eine gerechte Lösung bei dem Konflikt zwischen
den Bruderrepubliken Indonesien und Malaisia.
Herr Präsident, eines der grundlegenden
Themen dieser Konferenz ist die allgemeine und vollständige
Abrüstung. Wir betonen unser Einverständnis mit einer
allgemeinen und vollständigen Abrüstung, und darüber
hinaus schlagen wir die vollständige Vernichtung aller nuklearen
Waffen vor; wir unterstützen eine Konferenz aller Nationen
der Welt, um diese Bestrebungen aller Völker der Welt in die
Tat umzusetzen. Unser Premierminister warnte in seiner Ansprache
vor dieser Versammlung davor, daß Wettrüsten stets zum
Krieg geführt hat. Es gibt neue Atommächte auf der Welt;
die Möglichkeit der Konfrontation nimmt zu.
Wir vertreten die Meinung, daß eine Konferenz
notwendig ist mit dem Ziel der vollständigen Zerstörung
aller atomaren Waffen; als erster Schritt in diese Richtung sollte
das vollständige Verbot aller Kernwaffenversuche erlassen werden.
Gleichzeitig muß die Verpflichtung aller Länder betont
werden, die heutigen Grenzen der anderen Staaten zu respektieren,
keine aggressiven Handlungen irgendeiner Art zu vollziehen, auch
nicht mit konventionellen Waffen.
Wenn wir unsere Stimme zusammen mit allen Völkern
der Welt erheben, um für allgemeine und vollständige Abrüstung,
für die völlige Vernichtung aller Atomwaffen und für
die Abschaffung aller Versuche mit Atomwaffen einzutreten, dann
erachten wir es auch für notwendig, dafür einzutreten,
daß auch die territoriale Integrität der Nationen respektiert
werden muß, daß auch dem bewaffneten Arm des Imperialismus
Einhalt geboten werden muß, der nicht minder gefährlich
ist, wenn er nur konventionelle Waffen ergreift. Diejenigen, die
Tausende von wehrlosen Bürgern des Kongos ermordeten, setzten
keine Atomwaffen ein; es handelte sich um konventionelle vom Imperialismus
geführte Waffen, die zu den vielen Toten führten.
Auch wenn die hier geforderten Maßnahmen
in die Tat umgesetzt werden sollten und somit diese Erwähnung
überflüssig wäre, so ist es doch sinnvoll zu betonen,
daß wir keinen regionalen Abkommen über Denuklearisierung
beitreten werden, solange die Vereinigten Staaten aggressive Stützpunkte
unterhalten auf unserem eigenen Territorium, in Puerto Rico, in
Panama und in anderen amerikanischen Staaten, wo sie sich im Recht
dünken, ohne jegliche Restriktion sowohl konventionelle als
auch nukleare Waffen zu lagern. Hinzu kommen die letzten Beschlüsse
der Organisation Amerikanischer Staaten gegen unser Land, nach denen
wir unter Berufung des Vertrages von Rio de Janeiro angegriffen
werden könnten, so daß es für uns notwendig ist,
über alle möglichen Verteidigungswaffen zu verfügen.
Wir sind überzeugt davon, daß, wenn
die bereits erwähnte Konferenz alle Ziele erreichen würde,
was leider sehr schwierig sein dürfte, sie die wichtigste Konferenz
in der Geschichte der Menschheit wäre. Um dies zu erreichen,
wäre die Teilnahme der Volksrepublik China notwendig, und davon
ausgehend die Notwendigkeit der Durchführung einer derartigen
Versammlung. Aber es wäre viel einfacher für die Völker
der Welt, die unbestreitbare Tatsache der Existenz der Volksrepublik
China anzuerkennen, deren Regierende die einzigen Vertreter des
chinesischen Volkes sind, und ihr den zustehenden Sitz zuzuerkennen,
der heute von einer Clique usurpiert wird, die mit nordamerikanischer
Unterstützung über die Provinz Taiwan herrscht. Das Problem
der Vertretung Chinas in den Vereinten Nationen kann in keiner Weise
angesehen werden als Neuaufnahme in diese Organisation, sondern
nur als Wiederherstellung der legitimen Rechte der Volksrepublik
China. Wir müssen energisch das Komplott "zweier Chinas" zurückweisen.
Die Chiang-Kai-Shek-Clique Taiwans darf nicht in der Organisation
der Vereinten Nationen verbleiben. Es geht darum, dies möchte
ich wiederholen, den Usurpator zu verjagen und den rechtmäßigen
Vertreter des chinesischen Volkes wieder einzusetzen.
Wir warnen darüber hinaus vor dem Bestreben
der Regierung der Vereinigten Staaten, das Problem der legitimen
Vertretung Chinas als "wichtige Angelegenheit" zu erklären
mit dem Ziel, daß bei der Abstimmung eine Zwei-Drittel-Mehrheit
der anwesenden und abstimmenden Mitglieder notwendig wäre.
Der Eintritt der Volksrepublik China in die Versammlung
der Vereinten Nationen ist tatsächlich für die gesamte
Welt eine wichtige Angelegenheit, aber nicht für die Abstimmungsverfahren
der Vereinten Nationen, denn hier geht es lediglich um einen normalen
Vorgang. Auf diese Weise könnte Gerechtigkeit geübt werden,
und darüber hinaus würde endgültig bewiesen werden,
daß diese erhabene Versammlung verfügt über Augen,
um zu sehen, über Ohren, um zu hören, über eine eigene
Zunge, um selbst zu reden, und über richtige Kriterien, um
Entscheidungen treffen zu können.
Die Verbreitung von Atomwaffen in den NATO-Ländern
und insbesondere der Besitz dieser Massenvernichtungswaffen durch
die Bundesrepublik Deutschland rücken die Wahrscheinlichkeit
eines Abkommens über Abrüstung in weite Ferne; zu diesen
Vereinbarungen müßte die friedliche Wiedervereinigung
der beiden Deutschlands, der Deutschen Demokratischen Republik und
der Bundesrepublik, hinzukommen. Das deutsche Problem kann nicht
anders gelöst werden als durch die direkte und gleichberechtigte
Beteiligung der Deutschen Demokratischen Republik an diesen Verhandlungen.
Wir werden nur kurz hinweisen auf die Themen
der ökonomischen Entwicklung und des internationalen Handels,
die in der Tagesordnung ausführlich berücksichtigt sind.
In diesem Jahr 1964 wurde die Konferenz in Genf durchgeführt,
wo ausführlich zahlreiche Themen dieses Aspektes der internationalen
Beziehungen behandelt wurden. Die Warnungen und Prognosen unserer
Delegation haben sich zum Unglück für die ökonomisch
abhängigen Länder bewahrheitet.
Wir möchten lediglich darauf verweisen,
daß in bezug auf Cuba die Vereinigten Staaten von Amerika
nicht die expliziten Empfehlungen dieser Konferenz befolgten und
daß kürzlich die nordamerikanische Regierung auch den
Verkauf von Medikamenten nach Cuba verboten hat, womit sie sich
endgültig der humanitären Maske entledigte, mit der sie
den aggressiven Charakter der Handelsblockade gegen das kubanische
Volk zu kaschieren versuchte.
Andererseits betonen wir erneut, daß die
kolonialen Deformationen, die die Entwicklung der Völker hemmen,
nicht nur in den politischen Beziehungen liegen. Die sogenannte
Verschlechterung der Austauschverhältnisse ist nichts anderes
als das Ergebnis des unterschiedlichen Austauschs zwischen den rohstoffproduzierenden
Ländern und den industrialisierten Ländern, die die Märkte
beherrschen und einen anscheinend wertmäßig gerechten
Austausch durchsetzen.
Solange die ökonomisch abhängigen Länder
sich nicht von den kapitalistischen Märkten befreien und in
einem festen Bündnis mit den sozialistischen Ländern nicht
andere Beziehungen zwischen Ausbeutern und Ausgebeuteten durchsetzen,
solange wird es keine solide ökonomische Entwicklung geben;
darüber hinaus wird es bei bestimmten Gelegenheiten Rückschritte
geben, indem schwache Länder wieder unter die politische Herrschaft
der Imperialisten und Kolonialisten fallen werden.
Zuletzt, meine Herren Delegierten, muß
deutlich gesagt werden, daß in der Karibik Manöver durchgeführt
und Vorbereitungen getroffen werden, um in Cuba einzufallen. Insbesondere
an den Küsten Nikaraguas, aber auch in Costa Rica, in der Kanalzone
Panamas, auf den Vieques-Inseln und in Florida, möglicherweise
auch in anderen Gebieten der Vereinigten Staaten und vielleicht
auch in Honduras werden Söldner kubanischer sowie anderer Nationalitäten
zu einem Zweck ausgebildet, der nicht der friedfertigste sein dürfte.
Nach einem handfesten Skandal hat die Regierung
Costa Ricas, so wird behauptet, die Schließung aller Ausbildungslager
von Exilkubanern in diesem Land angeordnet. Keiner weiß, ob
diese Haltung ehrlich gemeint ist oder ob es sich um ein simples
Manöver handelt angesichts eines möglicherweise bevorstehenden
Verbrechens der dort ausgebildeten Söldner. Wir hoffen, daß
man sich der realen Existenz von Aggressionsstützpunkten bewußt
wird, auf die wir seit einiger Zeit hinweisen, und daß man
über die internationale Verantwortung nachdenkt, die ein Land
übernimmt, das die Ausbildung von Söldnern für einen
Angriff gegen Cuba rechtfertigt und unterstützt.
Es muß beachtet werden, daß die Nachrichten
über die Ausbildung von Söldnern an verschiedenen Orten
der Karibik sowie über die Beteiligung der nordamerikanischen
Regierung an derartigen Aktivitäten in der Presse der Vereinigten
Staaten ganz selbstverständlich veröffentlicht werden.
Wir kennen keine lateinamerikanische Stimme, die deshalb offiziell
protestiert hätte. Dies zeigt uns den Zynismus, mit dem die
Vereinigten Staaten mit ihren Bauern umgehen. Die scharfsinnigen
Außenminister der Organisation Amerikanischer Staaten hatten
Augen, um auf den in Venezuela gezeigten Waffen kubanische Wappen
und andere "unwiderlegbare" Beweise zu entdecken, aber sie sehen
nicht die Vorbereitungen für eine Aggression in den Vereinigten
Staaten, so wie sie auch nicht die Stimme Präsident Kennedys
gehört haben, der sich explizit als Aggressor in der Schweinebucht
erklärte.
In einigen Fällen wird diese Blindheit hervorgerufen
durch den Haß der herrschenden Klassen der lateinamerikanischen
Länder gegen unsere Revolution; in anderen noch traurigeren
Fällen ist sie ein Ergebnis der Blendung durch Mammon.
Wie allgemein bekannt ist, wurden nach der Oktoberkrise
genannten heftigen Auseinandersetzung von den Vereinigten Staaten
mit der Sowjetunion Vereinbarungen getroffen, die in dem Rückzug
von Waffen bestimmten Typs gipfelten, zu deren Stationierung wir
uns nach den ständigen Aggressionen seitens jenes Landes
wie der Söldnerangriff in der Schweinebucht und die Drohungen,
in unser Land einzufallen als legitime und unveräußerliche
Maßnahme unserer Verteidigung genötigt sahen. Die Nordamerikaner
verlangten darüber hinaus eine Inspektion unseres Territoriums
durch die Vereinten Nationen, was wir vehement zurückwiesen,
da Cuba es weder den Vereinigten Staaten noch irgend jemandem in
der Welt gestattet, darüber zu bestimmen, welche Waffen wir
in unserem Land haben dürfen. In diesem Sinne würden wir
lediglich multilaterale Abkommen akzeptieren mit gleichen Verpflichtungen
für alle Beteiligten.
Wie sagte schon Fidel Castro: ,,Solange das Konzept
der Souveränität als Vorrecht der unabhängigen Nationen
und Völker gilt, also als ein Recht aller Völker, solange
akzeptieren wir nicht, daß unser Volk eine Ausnahme sein soll.
Solange die Welt diesen Prinzipien folgt, solange die Welt bestimmt
wird durch diese universell akzeptierten Konzepte, denn sie sind
universell von allen Völkern akzeptiert und geachtet, solange
werden wir nicht akzeptieren, daß uns eines dieser Rechte
genommen wird, und wir werden auf keines dieser Rechte verzichten."
Der Herr Generalsekretär der Vereinten Nationen,
U Thant, verstand unseren Standpunkt. Dennoch wollten sich die Vereinigten
Staaten willkürlich und ungesetzlich ein neues Vorrecht herausnehmen:
den Luftraum eines kleinen Landes zu verletzen. So überflogen
ungestört U-2-Flugzeuge und andere Spionageflugkörper
unsere Heimat. Wir haben alle notwendigen Warnungen ausgesprochen,
damit die Verletzungen unseres Luftraumes ebenso beendet werden
wie die Provokationen der Yankee-Marineinfanteristen gegenüber
unseren Wachtposten im Gebiet von Guantanamo, die Tiefflüge
über unsere Schiffe in internationalen Gewässern ebenso
wie die Piratenangriffe auf Schiffe unterschiedlicher Fahne oder
die Einschleusung von Spionen, Saboteuren und Waffen auf unsere
Insel.
Wir wollen den Sozialismus aufbauen; wir erklären
uns zu Anhängern derjenigen, die für den Frieden kämpfen;
wir sind Mitglied der Gruppe der Blockfreien Länder, auch wenn
wir Marxisten-Leninisten sind, weil die Blockfreien ebenso wie wir
gegen den Imperialismus kämpfen. Wir wollen Frieden, wir wollen
für unser Volk ein besseres Leben erreichen, und deshalb versuchen
wir bis zum äußersten, nicht auf die Provokationen der
Yankees hereinzufallen, aber wir kennen die Mentalität ihrer
Regierung; sie will uns einen hohen Preis zahlen lassen für
diesen Frieden. Wir antworten, daß dieser Preis seine Grenze
in unserer Würde findet.
Cuba bekräftigt erneut sein Recht, auf seinem
Territorium die Waffen zu lagern, die es als notwendig erachtet;
Cuba bekräftigt erneut seine Weigerung, irgendeinem Land der
Welt, wie mächtig es auch sein mag, das Recht einzuräumen,
seine Grenzen, seine Gewässer oder seinen Luftraum zu verletzen.
Falls Cuba bei einer Konferenz im Rahmen kollektiver
Beschlüsse hingegen Verpflichtungen eingeht, so werden diese
strikt befolgt, aber solange dies nicht der Fall ist, pocht es wie
jedes andere Land der Welt auf seine Rechte.
Angesichts der Forderungen des Imperialismus
stellte unser Premierminister fünf notwendige Punkte auf, um
zu einem sicheren Frieden in der Karibik zu gelangen. Diese sind:
"Erstens: Beendigung der Wirtschaftsblockade und aller Maßnahmen
der Beschränkung des Handels und der Wirtschaft, die von den
Vereinigten Staaten in der ganzen Welt gegen Cuba durchgeführt
werden. Zweitens: Beendigung aller subversiven Aktivitäten,
des Abwerfens und Anlandens von Waffen und Sprengstoffen auf dem
Luft- oder Seeweg, der Infiltration von Spionen und Saboteuren,
alles Aktionen, die vom Boden der Vereinigten Staaten oder einiger
Komplizen-Länder ausgehen. Drittens: Beendigung aller Piratenangriffe,
die durchgeführt werden ausgehend von Stützpunkten in
den Vereinigten Staaten und in Puerto Rico. Viertens: Beendigung
aller Verletzungen unseres Hoheitsgebietes, sei es nun der Luftraum
oder unsere Gewässer, durch Flugzeuge und Schiffe der Streitkräfte
der Vereinigten Staaten. Fünftens: Rückzug aus dem Flottenstützpunkt
Guantanamo und Rückgabe des von den Vereinigten Staaten besetzten
kubanischen Territoriums."
Keine dieser elementaren Forderungen wurde erfüllt,
und vom Flottenstützpunkt Guantanamo aus werden unsere Truppen
ständig belästigt. Dieser Stützpunkt ist zu einem
Nest von Banditen geworden, die von dort aus in unser Territorium
eingeschleust werden.
Wir würden diese Versammlung langweilen,
wenn wir auch nur halbwegs ausführlich über die Unmengen
von Provokationen aller Art berichten würden. Es genügt
vielleicht zu sagen, daß allein von Anfang des Jahres 1964
bis zu den ersten Dezembertagen ihre Zahl 1.323 betrug. Diese Zahl
umfaßt kleinere Provokationen wie die Mißachtung der
Demarkationslinie, das Werfen von Objekten seitens des von den Nordamerikanern
kontrollierten Gebietes, sexuellen Exhibitionismus von Nordamerikanern
beiderlei Geschlechtes und Beschimpfungen; andere Provokationen
sind schon ernsterer Natur, so Schüsse aus Kleinkaliberwaffen;
Handhabung von Waffen, die auf unser Gebiet gerichtet sind; Mißachtung
unserer Hoheitssymbole. Sehr schwerwiegende Provokationen: Überschreiten
der Demarkationslinie mit Inbrandsetzung kubanischer Anlagen und
Gewehrschüssen, was dieses Jahr 78mal geschah und zum schmerzlichen
Tod des Soldaten Ramon Lopez Pena führte, der von zwei Schüssen
getroffen wurde, die von einem nordamerikanischen Postenhäuschen
abgegeben wurden, das sich 3,5 Kilometer von der Küste an der
nordwestlichen Grenze befindet. Diese äußerst schwerwiegende
Provokation erfolgte um 19.07 Uhr am 19. Juli 1964, und unser Premierminister
erklärte daraufhin öffentlich am darauffolgenden 26. Juli,
daß, wenn sich ein derartiger Vorfall wiederholen würde,
unsere Truppen den Befehl erhalten würden, die Aggression zurückzuweisen.
Gleichzeitig wurde der Rückzug der kubanischen Truppen von
den vordersten Linien zu weiter entfernten Positionen angeordnet,
und wir haben mit dem Bau von geschützten Unterständen
begonnen.
1.323 Provokationen in lediglich 240 Tagen bedeuten
ungefähr vier Provokationen am Tag. Nur eine Armee mit einer
so guten Disziplin und mit einer so hohen Moral wie die unsere ist
in der Lage, derart vielen feindseligen Aktionen zu widerstehen,
ohne ihre Gelassenheit zu verlieren.
Die Versammlung von 47 Ländern anläßlich
der zweiten Konferenz der Staats- und Regierungschefs der Blockfreien
Staaten in Kairo hat einstimmig beschlossen: "Die Konferenz warnt
besorgt, daß ausländische Militärstützpunkte
in der Praxis ein Mittel zur Ausübung von Druck auf die Länder
darstellen, um deren Emanzipation und Entwicklung gemäß
ihren ideologischen, politischen, ökonomischen und kulturellen
Konzeptionen zu behindern, und erklärt daher, daß sie
ohne Vorbehalte alle Länder unterstützt, die versuchen,
die auf ihrem Territorium befindlichen Stützpunkte aufzulösen,
und bittet daher alle Staaten, unverzüglich alle Truppen und
Stützpunkte in anderen Ländern zu evakuieren. Die Konferenz
ist der Meinung, daß die Aufrechterhaltung eines Militärstützpunktes
in Guantanamo seitens der Vereinigten Staaten gegen den Willen der
Regierung und des Volkes Cubas sowie ebenfalls gegen die Bestimmungen
der Erklärung der Belgrader Konferenz eine Verletzung der Souveränität
und der territorialen Integrität Cubas darstellt. Berücksichtigend,
daß die Regierung Cubas sich bereiterklärt hat, ihre
Auseinandersetzung mit der Regierung der Vereinigten Staaten über
den Stützpunkt Guatanamo auf der Grundlage der Ebenbürtigkeit
zu lösen, bittet die Konferenz die Regierung der Vereinigten
Staaten inständig, Verhandlungen mit der Regierung Cubas aufzunehmen
mit dem Ziel, diesen Stützpunkt zu räumen."
Die Regierung der Vereinigten Staaten hat diese
Aufforderung der Kairoer Konferenz nicht beantwortet; sie beabsichtigt,
auf unbestimmte Dauer den durch Gewalt behaupteten Stützpunkt
aufrechtzuerhalten, von dem aus sie die erwähnten Aggressionen
durchführt.
Die Organisation Amerikanischer Staaten, von
den Völkern auch nordamerikanisches Kolonialministerium genannt,
hat uns "energisch" verurteilt, wobei sie uns vorher bereits aus
ihrer Mitte verbannt hatte durch Anweisung an ihrer Mitgliedsländer,
die diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu Cuba abzubrechen.
Die Organisation Amerikanischer Staaten rechtfertigte die Aggression
gegen unser Land unter jedem Vorwand; sie verstieß damit gegen
die elementaren internationalen Gesetze und ignorierte vollständig
die Vereinten Nationen.
Jener Maßnahme widersetzten sich mit ihrer
Stimme Uruguay, Bolivien, Chile und Mexiko, und nachdem der Beschluß
gefaßt war, weigerten sich die Vereinigten Mexikanischen Staaten,
die Sanktion durchzuführen. Seitdem haben wir keine Beziehungen
zu den lateinamerikanischen Ländern, mit Ausnahme jenes Landes,
womit eine Vorstufe der direkten Aggression des Imperialismus erreicht
war.
Wir möchten erneut erläutern, daß
unsere Besorgnis um Lateinamerika gegründet ist auf die uns
vereinenden Verbindungen: die Sprache, die wir sprechen; die Kultur,
die wir aufrechterhalten; der gemeinsame Herr, den wir hatten. Nichts
anderes bewegt uns als die Befreiung Lateinamerikas vom Joch des
nordamerikanischen Kolonialismus. Falls eines der hier anwesenden
Länder sich dazu entscheiden würde, die Beziehungen zu
Cuba wieder aufzunehmen, wären wir dazu bereit auf der Grundlage
der Gleichheit und nicht mit der Meinung, daß die Anerkennung
unseres Landes als ein freies Land der Welt ein Geschenk an unsere
Regierung sei, denn diese Anerkennung erreichten wir mit unserem
Blut während der Tage des Befreiungskrieges, und wir erlangten
sie mit unserem Blut bei der Verteidigung unserer Strände angesichts
einer Invasion der Yankees.
Auch wenn wir es zurückweisen, wenn uns
Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten vorgeworfen
wird, so können wir nicht unsere Sympathie für die Völker
abstreiten, die für ihre Befreiung kämpfen, und wir müssen
der Verpflichtung unserer Regierung und unseres Volkes nachkommen,
unmißverständlich zu erklären, daß wir alle
Völker, die überall auf der Welt für ihre Freiheit
kämpfen, moralisch unterstützen und uns mit ihnen solidarisieren,
damit Realität werde, was über die Rechte souveräner
Völker in der Charta der Vereinten Nationen verkündet
wird.
Die Vereinigten Staaten intervenieren sehr wohl,
sie haben es im Verlauf der Geschichte in Amerika getan. Cuba kennt
diese Wahrheit seit Ende des vergangenen Jahrhunderts, aber sie
ist auch Kolumbien, Venezuela, Nikaragua und Mittelamerika allgemein,
Mexiko, Haiti und Santo Domingo wohlbekannt.
In den letzten Jahren lernte nicht nur unser
Volk die direkte Aggression kennen, sondern auch Panama, wo die
"Marines" aus der Kanalzone aus dem Hinterhalt auf ein wehrloses
Volk schossen; auch Santo Domingo, deren Küsten von der Yankee-Flotte
mißachtet wurden, um einen Ausbruch des Volkszornes nach der
Ermordung Trujillos zu verhindern; auch Kolumbien, dessen Hauptstadt
im Handstreich genommen wurde nach dem Aufstand, den die Ermordung
Gáitans hervorgerufen hatte.
Untergrundoperationen werden durchgeführt
mittels der Militärmissionen, die an der Repression im Land
beteiligt sind, indem sie die Kräfte organisieren, die zu diesem
Zweck in zahlreichen Ländern aufgestellt werden. Beteiligt
sind sie außerdem an allen Staatsstreichen, "Gorilazos" genannt,
die sich so oft in den letzten Zeiten auf unserem Kontinent ereigneten.
Ganz konkret beteiligten sich Kräfte der
Vereinigten Staaten an der Repression der Völker Venezuelas,
Kolumbiens und Guatemalas, die mit Waffen für ihre Freiheit
kämpfen. In dem zuerst erwähnten Land beraten sie nicht
nur die Armee und die Polizei, sondern sie leiten auch den Völkermord,
der von der Luft aus gegen die Bevölkerung großer aufständischer
Gebiete durchgeführt wird, und die dort operierenden Yankee-Unternehmen
versuchen mit allen Mitteln die Intensivierung der direkten Intervention
zu erreichen.
Die Imperialisten bereiten sich darauf vor, die
amerikanischen Völker zu unterdrücken; sie bereiten zudem
eine Internationale des Verbrechens vor. Die Vereinigten Staaten
intervenieren in Amerika im Namen der Institutionen der Freiheit.
Es wird der Tag kommen, an dem diese Versammlung eine größere
Reife erlangen wird und sie von der Regierung Nordamerikas Garantien
für das Leben der schwarzen und lateinamerikanischen Bevölkerung
verlangen wird, die in diesem Land lebt; die Mehrheit von ihnen
Nordamerikaner durch Geburt oder Adoption. Wie kann sich jemand
als Gendarm der Freiheit aufspielen, der seine eigenen Kinder ermordet
und sie täglich wegen ihrer Hautfarbe diskriminiert, der die
Mörder der Schwarzen in Freiheit läßt und sie auch
noch beschützt und der die schwarze Bevölkerung bestraft,
weil sie ihre legitimen Rechte als freie Menschen einfordert?
Wir verstehen, daß diese Versammlung nicht
in der Lage ist, Erklärungen über diese Tatsachen zu verlangen,
aber es muß ganz deutlich gesagt werden, daß die Regierung
der Vereinigten Staaten nicht der Anwalt der Freiheit, sondern der
Bewahrer der Ausbeutung und der Unterdrückung der Völker
der Welt und eines guten Teils der eigenen Bevölkerung ist.
Die doppeldeutige Sprache, mit der einige Delegierte
den Fall Cuba und OAS beschrieben haben, beantworten wir mit schlagenden
Worten und verkünden, daß die Völker Amerikas den
Verrat der US-hörigen Regierungen gebührend honorieren
werden.
Meine Herren Delegierten: Cuba, frei und unabhängig,
ohne an jemanden mit Ketten gefesselt zu sein, ohne ausländische
Investitionen auf seinem Boden, ohne Prokonsuln, die seine Politik
orientieren, kann hier vor dieser Versammlung mit erhobenem Haupt
sprechen und die Berechtigung der Worte demonstrieren, mit denen
es bezeichnet wird: "Freies Territorium Amerikas".
Unser Beispiel wird Früchte tragen, so wie
das in gewisser Weise bereits in Guatemala, Kolumbien und Venezuela
der Fall ist.
Es gibt keinen kleinen Feind und keine vernachlässigbare
Kraft, denn es gibt keine isolierten Völker mehr. So steht
es in der Zweiten Deklaration von Havanna: "Kein Volk Amerikas ist
schwach, denn es ist Teil einer Familie von zweihundert Millionen
Brüdern, die das gleiche Elend zu ertragen haben und die gleichen
Gefühle hegen, die denselben Feind haben und die alle von einer
besseren Zukunft träumen; sie verfügen über die Solidarität
aller ehrbaren Männer und Frauen der Welt. Dieses vor uns liegende
Epos, das geschrieben werden wird von den hungernden Massen der
Indianer, von den landlosen Bauern und den ausgebeuteten Arbeitern,
von den fortschrittlichen Massen, von den ehrlichen und brillianten
Intellektuellen, von denen es so viele gibt in diesen leidgeprüften
Ländern unseres Lateinamerikas. Kämpfe der Massen und
der Gedanken, dieses Epos, das unsere vom Imperialismus mißhandelten
und verachteten Völker voranbringen wird; unsere bis heute
unbekannten Völker, die zu erwachen beginnen. Sie betrachteten
uns als impotente und unterwürfige Herde, und nun erschrecken
sie vor dieser Herde, einer gigantischen Herde von zweihundert Millionen
Lateinamerikanern, die sich bereits als Totengräber des monopolistischen
Yankee-Kapitals abzeichnen. Die Stunde ihrer Forderungen, die von
ihnen selbst bestimmte Stunde, wird jetzt präzise von einem
Ende des Kontinents bis zum anderen angekündigt. Diese anonyme
Masse, dieses farbige, stille, ruhige Amerika, die auf dem ganzen
Kontinent mit der gleichen Traurigkeit und Enttäuschung singt;
diese anonyme Masse beginnt definitiv ihre eigene Geschichte zu
bestimmen, beginnt sie mit ihrem Blut zu schreiben, beginnt sie
zu erleiden und zu sterben, weil jetzt auf den Feldern und den Bergen,
in den zerklüfteten Tälern ihrer Sierras, in den weiten
Ebenen und Urwäldern, zwischen der Einsamkeit oder der Geschäftigkeit
der Städte, an den Küsten der großen Ozeane und
Flüsse die Erde zu beben beginnt, diese Erde voller Herzen
und geballter Fäuste, die darauf brennen, für das Eigene
zu sterben und ihre Rechte zu erobern, die ihnen fünfhundert
Jahre lang von dem einen oder dem anderen vorenthalten wurden. Jetzt
muß die Geschichte die Armen Amerikas berücksichtigen,
die Ausgebeuteten und Ausgeplünderten, die jetzt beschlossen
haben, für alle Ewigkeit ihre Geschichte selber zu schreiben.
Man sieht sie bereits den einen oder anderen Tag zu Fuß auf
dem endlosen Weg über Hunderte von Kilometern, um zu dem regierenden
Olymp zu gelangen und dort ihre Rechte einzufordern.
Man sieht sie bereits, bewaffnet mit Steinen, Stöcken, Macheten,
dort und dort, Ländereien besetzend, ihre Hacken auf dem ihnen
gehörenden Boden einschlagend, den sie mit ihrem Leben verteidigen;
man sieht sie, wie sie ihre Schilder, ihre Fahnen und ihre Losungen
tragen, die im Winde flattern zwischen den Bergen oder auf den Weiten
der Ebenen. Und diese Welle erschütternden Grolles und der
Forderung nach Gerechtigkeit angesichts der mißachteten Rechte,
diese Welle, die auf dem Boden Lateinamerikas beginnt sich zu erheben,
diese Welle wird kein Ende finden. Diese Welle wird Tag für
Tag wachsen. Denn diese Welle besteht aus jenen, die in jeder Hinsicht
die Mehrheit bilden, die mit ihrer Arbeit den Reichtum schaffen,
die Werte schaffen, die das Rad der Geschichte bewegen und die jetzt
aus dem langen brutalisierenden Schlaf erwachen, zu dem sie gezwungen
wurden. Denn die große Menschheit sagte Genug!
und begann sich zu wandeln. Und ihr Weg, ein Weg der Giganten, wird
nicht enden, bis er die wahre Unabhängigkeit erkämpft
hat, für die bereits ohne Ergebnis oft gestorben wurde. Jetzt
werden diejenigen, die sterben, mit denen aus Cuba, mit denen aus
der Schweinebucht für die einzige, wahre und unveräußerliche
Unabhängigkeit sterben!
Dies alles, meine Herren Delegierten, diese neue
Bereitschaft eines Kontinents, diese Bereitschaft Amerikas, wird
gestaltet und zusammengefaßt durch den Ruf, den unsere Massen
Tag für Tag verkünden als unwiderlegbare Entschlossenheit
ihres Kampfeswillens, mit dem sie die bewaffnete Hand des Eindringlings
paralysieren. Sie verkünden den Ausruf, der das Verständnis
und die Unterstützung aller Völker der Welt findet, insbesondere
im sozialistischen Lager mit der Sowjetunion an der Spitze. Dieser
Ausruf lautet: Vaterland oder Tod!
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